Der Neujahrsempfang vom Landkreis Havelland ist ein gesellschaftliches Ereignis. Auch in diesem Jahr machten sich wieder über 300 eingeladene Persönlichkeiten aus dem Landkreis von Rathenow bis nach Falkensee auf, um am 17. Januar in das Golf-Hotel Semlin zu fahren. Wer dabei nicht mit dem eigenen Auto anreisen wollte, konnte umweltwirksam einen Shuttle-Bus nutzen – und im eigenen Ort bequem zusteigen.
Vor Ort begrüßten die Vizepräsidentin des Landtags Barbara Richstein und der Landrat Roger Lewandowski persönlich alle Besucher aus der Politik, der Wirtschaft, den Vereinen, der Polizei und der Feuerwehr, den gemeinnützigen Institutionen und den kulturellen Einrichtungen.
Barbara Richstein hieß die Gäste kurz darauf auch offiziell willkommen. Sie nutzte ihre Rede, um zwei klare Statements zu setzen. So monierte sie, dass deutschlandweit noch immer viel zu wenig Ostdeutsche in Führungspositionen gelangen: „Ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung beträgt 17 Prozent. Ihr Anteil an Spitzenpositionen in Wirtschaft, Politik und Verwaltung liegt bei weniger als drei Prozent. Ein ostdeutscher Bundeswehrgeneral ist noch seltener als ein ostdeutscher Bundesrichter (3 von 457). Keine öffentliche Universität hat einen Präsidenten aus dem Osten.“
Außerdem zeigte sie sich sehr enttäuscht über die gerade erst beschlossene Abkehr der Bundesregierung von der automatischen Organspendepflicht. Um wenigstens im Kleinen für etwas mehr Spendebereitschaft zu sorgen, hatte sie 300 Organspendeausweise mitgebracht. Am Ende des Abends musste sie aber leider feststellen, dass die Nachfrage der Gäste nach einem eigenen Ausweis nicht besonders hoch ausgefallen war. Vielleicht, weil jeder Besucher des Neujahrsempfang schon einen hatte?
Für die musikalische Untermalung des Abends war einmal mehr das Jugendblasorchester der Kunst- und Musikschule Havelland unter der Leitung von Christoph Lipke verantwortlich. Auf Wunsch des Landrats spielte es Filmmusik: „Nach dem großartigen Filmmusikkonzert in Falkensee im letzten Jahr – die Stadthalle war mit über 750 Besuchern zum Bersten voll – machen Sie uns heute durch Ihren Auftritt eine große Freude.“
In seiner Rede nutzte Landrat Roger Lewandowski die Gelegenheit, um auf das Fontane-Jahr zurückzublicken. Er machte aber auch klar, dass im aktuellen Jahr 2020 eher das Jubiläum der Deutschen Einheit im Mittelpunkt stehen müsse: „Gemeinsam mit unseren Partnerkreisen und dem Bezirk Berlin-Spandau haben wir uns entschieden, ein großes Bürgerfest zu feiern. Ich freue mich sehr, Sie alle schon heute am letzten Spetemberwochenende zu den Feierlichkeiten nach Ribbeck einzuladen. Das wird mit Sicherheit ein besonderes Wochenende. Den Ort Ribbeck haben wir hierbei natürlich nicht ohne Grund ausgewählt. Er liegt zentral im Havelland und erinnert mit dem Deutschen Birnengarten in besonderer Form an die Wiedervereinigung Deutschlands. 16 Birnenbäume stehen dort, einer für jedes Bundesland – gepflanzt von den jeweiligen Ministerpräsidenten.“
Der Landrat kündigte auch an, dass man die Kreisverwaltung erstmals für die Bürger öffnen und am 13. Juni einen Tag der offenen Tür durchführen wolle: „Geplant ist es, den ‚Tag der offenen Verwaltung‘ zukünftig jedes Jahr an einem anderen Verwaltungsort durchzuführen. Der Auftakt soll im und rund um das Kreishaus in Rathenow stattfinden.“
Eine Lanze brach der Landrat einmal mehr für das Ehrenamt: „Mit unermüdlicher Tatkraft, mit Organisationstalent und mit einer ordentlichen Portion Idealismus gestalten die vielen engagierten Havelländerinnen und Havelländer das Leben in unserem Kreis aktiv mit.“ Und er erklärte: „Seit Ende des vergangenen Jahres gibt es in unserem Sozialdezernat eine hauptamtliche Ehrenamtskoordinatorin. Sie steht in allen Fragen rund um die Themen Engagement und Ehrenamt als Ansprechpartnerin zur Verfügung.“ Am Ende stand aber auch beim Landrat die Angst, ob es die ehrenamtlichen Helfer so noch lange geben wird: „Wie in anderen Bereichen so holt uns auch hier die demografische Entwicklung auch im ehrenamtlichen Bereich ein. Kinder sind die Zukunft unserer Vereine. Kinder sind die Zukunft unserer ehrenamtlichen Strukturen. Ohne die Aktivierung der nächsten Generation wird vieles mit der jetzigen Generation verschwinden. Da nützen die besten Förderprogramme nichts. Deshalb muss es uns gelingen, noch mehr Kinder und Jugendliche für das ehrenamtliche Engagement und die ehrenamtliche Vereinsarbeit zu gewinnen.“
Der Landrat mahnte aber auch die „unbedingte Überarbeitung des Landesentwicklungsplans Hauptstadtregion“ an, „der unsere ländlichen Gemeinden in der Ausweisung von Bauland einschränkt und damit notwendige Entwicklungen verhindert“. Auch der Ausbau mit schnellem Internet in der ländlichen Region war dem Landrat wichtig: „Das hat vor 30 Jahren zu Zeiten der Deutschen Einheit noch keine Rolle gespielt, ist in der heutigen Zeit aber Grundvoraussetzung und unverzichtbar für die Ausgestaltung der immer digitaler werdenden Gesellschaft und für die Attraktivität des ländlichen Raums. Und nachdem uns nun endlich die finalen Fördermittelbescheide vom Bund und Land zugegangen sind, freue ich mich besonders, dass es beim Thema Breitbandausbau im Havelland nun richtig losgehen kann. Insgesamt 55 Millionen Euro werden hier in den kommenden vier Jahren investiert und ich hoffe, dass mit Abschluss des Ausbaus dann auch der letzte weiße Fleck von unserer Landkreiskarte verschwindet.“
Nach der Rede ging es weiter mit Musik, wichtiger aber noch – mit dem Sturm des Buffets, das einmal mehr keine Wünsche bei den Gästen offen ließ. Anschließend blieb an den Tischen noch viel Zeit für umfassende Gespräche. Um 23 Uhr fuhr der letzte Shuttle-Bus ab. Wie immer gab es aber vor Ort die Gelegenheit, sich ein Zimmer für die Nacht zu nehmen, um so sicherzustellen, dass die anregenden Diskussionen bis in die Nachtstunden fortgesetzt werden konnten.
Die Gäste sollten sich freilich an diese Konstellation nicht gewöhnen. Denn vielleicht wird es schon 2021 keinen Neujahrsempfang des Landkreises mehr geben. Landrat Roger Lewandowski: „Zum Abschluss möchte ich Sie noch auf eine geplante Veränderung hinweisen, die den Neujahrsempfang betrifft. Die Überlegungen gehen dahin, als Alternative im nächsten Jahr erstmals einen Empfang in Form eines Sommerfestes in Ribbeck auszurichten.“
Ein Sommerfest im großen Garten von Schloss Ribbeck wäre natürlich für alle Gäste ein Gewinn. Wenn denn nur das Wetter mitspielt, denn bei Regen würde es im Schloss nicht ausreichend Platz für die Besucher geben. Es gehört also schon ein wenig Mut dazu, zu einer Open-Air-Veranstaltung zu laden. Vielleicht kann man dann ja als Begrüßungsgeschenke Regenschirme mit dem Logo des Landkreises bereithalten? Nur für den Fall. (Text/Fotos: CS / Foto von Landrat mit Redaktion: Andrea Johlige)
Auf dem Neujahrsempfang des Landkreises befragt
Was 2020 bei uns ansteht
Matthias Kühn, Geschäftsführer vom Tourismusverband Havelland e.V.: „Wir werden Fontane weiterhin bespielen. Die Radroute Fontane.Rad, über 300 Kilometer lang, ist inzwischen eine eingetragene Marke. Sie reicht von Oranienburg über das Havelland bis nach Potsdam. Passend zur Radroute starten wir 2020 auch einen eigenen Fotowettbewerb zum Thema. Und wir möchten die Unternehmen entlängs der Route sehr dazu ermutigen, sich dem Thema Fontane zu öffnen. So könnten Restaurants eigene Fontane-Gerichte anbieten oder Bäckereien Fontane-Kekse oder ähnliches erfinden.“
Ralf Heimann, Bürgermeister von Brieselang: „In Brieselang stellen wir uns gerade die Frage: Können wir uns eine Gesamtschule leisten oder nicht? Ich bin da selbst zwiegespalten. Wenn wir sie bauen, dann haben wir kaum noch weitere Ressourcen für andere Aufgaben übrig. Und wenn wir sie nicht bauen, dann fehlt sie uns, um den Schülern vor Ort eine Perspektive zu geben. Sehr positiv ist hingegen die Entwicklung des Nymphensees zu sehen. Der neue Betreiber ist selbst Brieselanger, er lebt den See regelrecht. Ob sich das finanziell alles rechnet, dass muss der Betreiber natürlich selbst wissen.“
Heiko Richter, Veranstaltungsmanager der Stadthalle Falkensee: „Wir sind mit der Stadthalle auf einem guten Weg. Jetzt, nach vier Jahren, ist es an der Zeit, nachzujustieren. So wollen wir uns vor allem um den Sound und um das Ambiente kümmern. Beides wird ja oft bemängelt von den Besuchern. Wobei natürlich klar sein muss, dass wir manche Punkte auch gar nicht beeinflussen können. Sehr gut ist übrigens, dass es viele Wiederholungstäter gibt bei den Veranstaltern, die die Stadthalle buchen. Sie sind sehr zufrieden und kommen auch 2020 wieder gern zu uns.“
Simone Seyfarth, Leiterin der Musik- und Kunstschule Havelland: „Wir feiern 2020 den 250. Geburtstag von Ludwig van Beethoven mit einer neuen Veranstaltungsreihe. Beethoven hat zwar nicht im Havelland gelebt und hat hier auch kein wichtiges Werk komponiert, ist für uns aber trotzdem sehr interessant. Denn Beethoven war nicht nur Komponist, sondern auch Naturforscher, Philosoph und Visionär. Bei mir ist auch hängen geblieben, dass er ein erfolglos Liebender war. Nicht einmal die Elise hat ihn erhört, dabei hat er doch extra ein Klavierstück für sie komponiert.“
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 167 (2/2020).
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