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Channel: Seite 125 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
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2. Agrarpolitisches Frühstück in der Waldschule Pausin: 800.000 Euro Strafe!

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Die Landwirte in Deutschland und die große Politik – sie sind zurzeit nicht immer gute Freunde. Die Bauern fühlen sich nach schweren Dürrejahren gegenüber dem Preiskampf im Handel nicht ausreichend beschützt und bekommen es nun auch noch mit einer neuen Düngemittelverordnung zu tun. Um zu vermitteln und auch, um die verschiedenen Ansichten zu Gehör zu bringen, lud der Kreisverband Havelland der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) zum 2. Agrarpolitischen Frühstück mit anschließender Diskussionsrunde ein.

Das Frühstück fand am 17. Februar in der Waldschule Pausin statt. Eingeladen waren Axel Vogel, Brandenburgs Minister für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz, Uwe Feiler als Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sowie Thomas Große Rüschkamp als Vorstand des Kreisbauernverbandes Havelland e.V. und vor allem als Landwirt aus dem Raum Markee bei Nauen. 50 Besucher, darunter viele Landwirte, lauschten den Wortmeldungen.

Thomas Große Rüschkamp machte deutlich, dass die Landwirte durchaus in Vorleistung gehen. Sie verwenden Saaten, die bereits an den Brandenburger Boden angepasst sind. Sie setzen auf eine abwechslungsreiche Fruchtfolge, um Schädlinge und Krankheiten fernzuhalten. Sie passen die Düngergaben auf mineralischer und organischer Basis an – ganz vermeiden ließen sie sich auf den vorherrschenden Sandböden allerdings nicht. Die Gabe von Insektiziden habe man auf freiwilliger Basis in die Nachtstunden verlegt, um Insekten zu schonen – ganz ohne gesetzliche Vorgabe: „Wir sind ja alle gewillt, umweltschonend zu arbeiten. Wir leben ja seit Jahrhunderten von unserem Boden.“

Der Landwirt brach eine Lanze dafür, Forschung und Innovationen zu fördern. Er verwies auf neue Gerätschaften, die über eine Kamera Unkraut gezielt erkennen und nur dann die Sprítze ausfahren, wenn es auch tatsächlich nötig ist: „Wissenschaftliche Forschung ist sehr wichtig, wir müssen wieder mehr auf die Experten hören, die von ihrem Bereich auch Ahnung haben. Es gibt so viele schlaue Institute, lassen Sie uns das nutzen. Wissenschaftliche Erkenntnisse müssen stets die Grundlage des politischen Handelns sein.“

Uwe Feiler nahm den Landwirten allerdings die Hoffnung, dass es in Sachen der umstrittenen Düngemittelverordnung noch Hoffnung auf eine Anpassung gibt: „2006 kam die Düngemittelverordnung, 2017 wurde sie modifiziert. Dann wurden wir 2018 von der Europäischen Kommission verklagt, weil ihr die Anpassung nicht weit genug reichte. Wir sind nun am Ende eines Klageweges. Bis April muss die neue Düngemittelverordnung umgesetzt sein. Das kann man nicht mehr verhandeln oder aussitzen. Setzen wir die Änderungen nicht um, zahlen wir ab April 800.000 Euro Strafe – pro Tag. Das kann man eine Weile lang durchhalten. Aber dann schreibt uns Brüssel auch genau vor, was wir alles zu tun haben. Die Verordnung betrifft ja vor allem die roten Gebiete – und davon haben wir in Brandenburg ja gar nicht so viele.“

Minister Axel Vogel stellte passend zur Nitratbelastung des Grundwassers fest: „Es gibt 1.150 Messstellen in Brandenburg. Nur 87 davon sind auffällig in Bezug auf höhere Nitratwerte. Und nur 47 dieser Punkte stehen in Verbindung mit der Landwirtschaft. Da geht es nur um 2,3 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche.“

Er brach aber auch eine Lanze für die Landwirte: „Die soziale Marktwirtschaft, die ja eigentlich die Schwachen schützen soll, hat bei den Landwirten völlig versagt. Seit über zehn Jahren diskutieren wir bereits über den Milchpreis. Wichtig ist außerdem, dass wir nicht die konventionellen gegen die ökologischen Betriebe ausspielen. Es gibt aber durchaus eine Bewegung hin zu mehr Ökologie. Allerdings müssen hier die Absatzmärkte mitwachsen – da müssen wir dringend mehr nach Berlin schauen.“

Bodo Oehme, Bürgermeister von Schönwalde-Glien: „Mir fehlt von der Politik ein klares Bekenntnis zur Brandenburger Landwirtschaft. Nicht nur Gesetze, sondern auch Taten müssen folgen. Sonst verlieren wir noch mehr Landwirtschaft.“ Er verwies auf die Tatsache, dass nach dem Kampf um den Milchpreis von drei milcherzeugenden Betrieben in Schönwalde-Glien nur noch einer übriggeblieben sei. (Text/Fotos: CS)

Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 168 (3/2020).

Der Beitrag 2. Agrarpolitisches Frühstück in der Waldschule Pausin: 800.000 Euro Strafe! erschien zuerst auf FALKENSEE.aktuell.


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