Dr. Inge Schwenger ist Ärztin. Sie leitet das Landgut Schönwalde und führt hier eine Marktschwärmerei. In die Corona-Diskussion hat sie sich früh eingeklinkt. Während der früheren SARS-Pandemie leitete sie eine Klinik für High Tech Chirurgie. Wir fragen nach: Was bemängeln Sie vor allem an der aktuellen Situation?
Dr. Inge Schwenger: „Noch am 20. Januar, also einen Tag vor der Abriegelung Wuhans, meinte der Berater der Bundesregierung Professor Drosten, er sähe keine Gefahr, dorthin zu reisen. Seitdem wurde die Bevölkerung immer wieder fehlinformiert, sodass man sich nicht gut auf diese Epidemie vorbereiten konnte. Eine vorausschauende Planung der Behörden fehlt.“
Was meinen Sie damit?
Dr. Inge Schwenger: „Die Verordnungen überstürzen sich und sind nicht koordiniert. Anschließend werden die Menschen oft mit den Auswirkungen der neuen Beschlüsse alleine gelassen und wissen nicht, wie sie sie umsetzen sollen. Verlässliche Regelungen zur Umsetzung fehlen. So gibt es offenbar keine wirkliche Schulung des Supermarktpersonals oder von anderen ‚Frontkämpfern‘. Außerdem fehlt wichtige Sicherheitsausrüstung. Verpflichtende Quarantäne-Regelungen für ALLE, die in den letzten Wochen aus Risikogebieten wieder nach Deutschland kamen, wurden nicht aufgestellt, es blieb jedem Einzelnen überlassen, wie er sich – zurück in der Heimat – verhält.
Unternehmen, die Anträge auf Zuschüsse stellen, werden hingehalten, weil das Personal für die Prüfung fehlt. Wir brauchen jetzt eine beherzte und kreative Politik, deren Aussagen und Anordnungen die Menschen verstehen. Wir wollen nicht länger hören, dass alles gut ist und in ausreichender Menge vorhanden, nicht, dass 28.000 Intensivbetten bereitstehen, wenn davon real 80 Prozent jetzt schon mit Schwerkranken belegt sind. Liebe Politiker, wo auch immer Ihr seid: hört auf eure Bevölkerung, all die wachen und zugewandten Menschen da draußen, hört auf ihre Probleme. Rennt nicht dem Virus hinterher, sondern versucht vorauszusehen, was als nächstes passiert, und seid bitte dann EINMAL schneller als der Gegner.“
Sie waren schon immer ein Befürworter für den Mundschutz?
Dr. Inge Schwenger: „Selbstverständlich, es ist die erste Barriere, die uns und andere vor dem ungehinderten Austausch von Keimen schützt. Damit unser Gesundheitssystem nicht völlig zusammenbricht, müssen wir die Ansteckungsrate reduzieren. Das Wichtigste ist die freiwillige Isolation. Und ein Mundschutz hilft, wenn wir doch draußen sind. Solange es nicht möglich ist, einen Mundschutz zu kaufen, stellt man ihn selbst her.“ (Foto: privat)
Dieser Artikel stammt aus „FALKENSEE.aktuell – Unser Havelland“ Ausgabe 169 (4/2020).
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