In Falkensee mischen sich nicht nur die Senioren in die Tagespolitik ein. Auch die Jugendlichen aus dem Ort sind sehr aktiv. Das „Jugendforum“ bringt Teenager und Twens zusammen und überrascht immer wieder mit spannenden Aktionen wie etwa einem Open-Air-Kino im Gutspark oder einer Kleider-Tausch-Party. Das große Problem vom „Jugendforum“: Es fehlt ein fester Standort, eine Basis. Am 1. Juli steht schon wieder ein neuer Umzug an.
Viele Jahre lang hatten die Jugendlichen in Falkensee keine eigene Stimme. Sie ließen die Schlafstadt links liegen und orientierten sich in ihrer Freizeit lieber in Richtung Berlin.
Das hat sich gründlich geändert. Das „Jugendforum Falkensee“ (www.jugendforum-fks.de) bringt zurzeit etwa zehn bis 15 aktive Jugendliche aus dem Ort zusammen. Sie planen Feiern, laden zu Spieleabenden ein, räumen ihre Nachbarschaft auf oder tüfteln an weiteren Aktionen, die dabei helfen, die eigene Stadt schöner zu machen oder dem Nachwuchs in der Gartenstadt ein Angebot zu machen. Zugleich haben die Jugendlichen auch die Stadtpolitik im Auge, sitzen als Beirat in der Stadtverordnetenversammlung und konnten hier mit selbstbewusst vorgebrachten Spitzen bereits so manchen Akzent setzen. Das macht Sinn, denn die Jugendlichen von heute werden, wenn sie denn in Falkensee ansässig bleiben, später einmal als Erwachsene das ausbaden müssen, was heute beschlossen oder auch versäumt wurde.
Wenn man sich mit mehreren Personen organisieren und auch regelmäßig etwas veranstalten möchte, braucht man dafür eine Basis. Perfekt war das in Mai 2018 eröffnete „EGAL“ direkt am inzwischen neu enstandenen Kreisverkehr in der Bahnhofstraße Ecke Poststraße. Der Kreisverkehr war auch der Grund, warum die Jugendlichen den Schlüssel zum von ihnen so genannten „EGAL“ erhalten hatten: Das Haus sollte eh abgerissen werden. So durften sich die Jugendlichen in Selbstverwaltung vor Ort austoben.
Für das Jugendforum waren die Räume ideal. Sie lagen mitten im Zentrum, waren nur ein paar Schritte vom Bahnhof entfernt und verfügten auch noch über einen großen Hof im Freien.
Toni Kissing: „Das ‚EGAL‘ war auch der einzige Ort in Falkensee, der nach 20 Uhr noch für Jugendliche offen hatte und wo immer etwas los war.“
Im Januar 2019 war leider Schluss mit diesem Idealzustand: Die Abrissbirne nahte, um das Haus in einzelne Ziegelsteine zu zerlegen. Die Jugendlichen mussten die Koffer packen und umziehen. Sie kamen im ASB-Jugendclub „Alte Post“ am Bahnhof Finkenkrug unter. An diesem Standort zeigte sich bereits, wie wichtig es ist, im Zentrum stattzufinden. Louis Ripp: „Ins ‚EGAL‘ kamen die Leute von ganz alleine. In der ‚Alten Post‘ mussten wir um jeden einzelnen Besucher kämpfen. Ich frage mich: Was könnten wir alles erreichen, wenn wir das perfekte Gebäude finden würden, sozusagen ein eigenes Jugendzentrum.“
In der „Alten Post“ schmiedete das „Jugendforum“ an ihren Plänen für die Zukunft. Doch auch hier zeigte sich bald, dass auch der neue (und aufwändig von den Jugendlichen renovierte) Standort nur eine temporäre Übergangslösung ist. Überraschend gab der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB) im Juni 2020 die Schließung der beiden Jugendclubs „Alte Post“ und „Die Brücke“ bekannt. Im August kam die Hiobsbotschaft: Das „Jugendforum“ muss raus aus der „Alten Post“. Spätestens Ende Juni 2021 soll Schluss sein mit dem Wirken der Jugendlichen in Finkenkrug.
Klarer Wunsch des Jugendforums: Ein eigenes Jugend-, Kultur-, Demokratie-, und Begegnungszentrum soll her!
Auf viele Falkenseer wirken die Jugendlichen mit ihren in Endlosschlaufe vorgetragenen Wünschen altklug und fordernd. Manche sagen: „Die haben noch nie etwas geleistet und stellen auch noch Bedingungen.“ Aber: Die Jugendlichen sprechen eigentlich nie aus der spontanen Laune heraus, sondern unterfüttern ihre Ideen sehr umfassend.
So wünschen sie sich ganz klar ein von der Stadt neu gebautes oder aus dem Bestand heraus umgebautes Jugend-, Kultur-, Demokratie-, und Begegnungszentrum „Platz für die Zukunft“, das sie als „generationsübergreifenden Begegnungspunkt im Stadtzentrum“ sehen und das sie gern selbstorganisiert verwalten möchten.
Das Konzept für dieses neue Zentrum wurde den Stadtverordneten in einer halbstündigen Präsentation schmackhaft gemacht. Passend dazu gab es sogar eine gedruckte Broschüre, die umfassend ausgearbeitet war: Solch umfassende Vorarbeit bekommt man bei neuen Stadtprojekten nur selten, eigentlich nie, zu sehen.
Neuer Umzug am 1. Juli: Jetzt geht es zum „Haus am Anger“
Die Suche nach neuen Räumen für die Jugendlichen gestaltete sich alles andere als einfach. AnaÏs von Fircks: „Zwischenzeitlich waren die Räume über dem ALA-Kino im Gespräch, dann lief alles auf das Nebengebäude am ‚Haus am Anger‘ hinaus, in dem früher einmal das Schulamt untergebracht war. Die Stadtverwaltung hat uns diesen Standort angeboten.“
Die neuen Räumlichkeiten sind alles andere als perfekt. In dem kleinen Backsteinhaus gibt es mehrere Räume, die aber zum Teil bereits benutzt werden – etwa vom Hausmeister oder als Lagerort für das „Haus am Anger“. Für das „Jugendforum“ würde ein einzelner Raum mit etwa 30 Quadratmetern Platz übrig bleiben. Immerhin könnte man bei schönem Wetter den Hof direkt vor der Tür mit benutzen.
Hans-Peter Pohl, Stadtverordneter der Stadt Falkensee, nutzte die Gelegenheit, um sich die Räumlichkeiten am 5. Mai zusammen mit den Jugendlichen anzusehen: „Jetzt haben wir für das ‚Jugendforum‘ eine ganz gute Lösung gefunden. Sicherlich kann man auch mit dem ‚Haus am Anger‘ eine Übereinkunft treffen und hier einzelne Räume mitbenutzen, falls größere Veranstaltungen geplant sind. Die Außenanlagen vor Ort sind auch klasse, da träumen andere von.“
Charlotte Warnhoff vom „Jugendforum“ sieht das anders: „Wir sagen ganz klar, dass wir mit dem, was wir nun haben, nicht vollumfänglich zufrieden sind. Wir hatten zudem keine Alternative zu diesen Räumen.“
Mahafarin Rafati: „Der Raum ist einfach zu klein für unsere Bedürfnisse, da hätten wir uns schon mehr gewünscht. Wir haben klare Wünsche und Vorstellungen, wie wir arbeiten, chillen und gemeinsam Spaß haben wollen. Diese haben wir bereits geäußert und wir werden sie auch hartnäckig weiterverfolgen. Unser Traum ist es, die schönen und erfolgreichen Zeiten aus dem ‚EGAL‘ wiederzubeleben. “
AnaÏs von Fircks: „Bei schönem Wetter können wir viel draußen im Freien organisieren. Bei schlechtem Wetter steht uns aber nur ein kleiner Raum zur Verfügung. Den müssten wir für Veranstaltungen auch erst komplett freiräumen. Das ist wirklich nur ein Provisorium, eine echte Übergangsnotlösung.“
Lange überlegen konnten die Jugendlichen aber nicht – eine Entscheidung musste her. Am 30. Juni müssen sie aus der „Alten Post“ raus, am 1. Juli möchten sie ins alte Schulamt ziehen. 20.000 Euro stehen den Jugendlichen für den Umzug und für Renovierungsarbeiten zur Verfügung: Das Geld hatten die Stadtverordneten bewilligt.
Marius Miethig: „Feiern und Parties sind am neuen Standort eher nicht möglich: Die Nachbarn könnten gestört werden. Ich befürchte auch, dass die jungen Leute aus Falkensee den Weg zu uns nur schwer finden werden: Das ‚Haus am Anger‘ stand bislang vor allem für Kunst und Kultur oder für Spaß für Kinder. Wir möchten deswegen, dass ein großes Schild an der Straße aufgestellt wird, das auf das Jugendforum hinweist.“
Toni Kissing: „Das Angebot für die Jugendlichen in Falkensee ist in letzter Zeit sehr geschrumpft. Das ist in anderen Kommunen in Deutschland anders. Wir haben uns in letzter Zeit sehr vernetzt, sprechen viel mit Jugendlichen aus anderen Orten und sind überrascht, wie sehr der Jugend dort unter die Arme gegriffen wird. Da fühle ich mich in Falkensee manchmal allein gelassen.“
Marius Miethig: „Die SVV hat die Verwaltung immerhin beauftragt, unser Anliegen mit einem eigenen Jugend-, Kultur-, Demokratie-, und Begegnungszentrum zu prüfen. Dafür wurden 30.000 Euro bewilligt. Das ‚EGAL‘ wurde uns genommen, etwas in der Art möchten wir gern wiederhaben. Wir haben bewiesen, dass es geht und dass man uns Verantwortung übertragen kann. Aber uns wird zu wenig zugetraut.“
AnaÏs von Fircks: „Die meisten Stadtverordneten verstehen einfach nicht, was wir Jugendlichen machen und was wir brauchen. Wir haben die Stadtverordneten immer wieder eingeladen, aber bislang haben nur wenige unsere Einladung angenommen.“
Toni Kissing: „Wir haben in der Stadt eine Keglerlobby. Sie schafft es sogar, dass ins Hallenbad eine eigene Keglerbahn eingebaut wird. So eine Lobby haben wir nicht. Man könnte uns ja ein tolles Jugendzentrum hinstellen, wenn der Wille vorhanden wäre. Aber da sehe ich kein Licht am Ende des Tunnels.“
AnaÏs von Fircks: „So ein Umzug kostet viel Zeit und Kraft. Die Kraft fehlt uns für andere Projekte wie etwa das Sommerkino. Wir arbeiten aber an einem eigenen Magazin für die Jugendlichen aus der Region.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 183 (6/2021).
Der Beitrag Neue Räume für die Jugendlichen in Falkensee: „Jugendforum“ zieht in Nebengebäude am „Haus am Anger“! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).