Detlef Jagodschinski kennt doch eigentlich jeder in Falkensee. Zumindest unter dem Namen Jago. Aber – wo ist der eigentlich, der Jago? Den haben wir doch alle schon lange nicht mehr gesehen, oder? Jago, wir erinnern uns, das war doch der hünenhafte Fischexperte, der zwischen Möbel Boss und Thomas Philips sein Geschäft „Jago‘s Aquarium“ betrieb und immer ein offenes Ohr für jeden hatte, dessen Aquariumpumpe stotterte oder der einfach nicht wusste, welche Fischarten sich zusammen in einem Becken halten lassen.
Jago: „Ich bin direkt an der Spandauer Havel aufgewachsen, meine Eltern hatten dort ein Wassergrundstück. Das Fischen und alles, was damit zu tun hatte, war schon immer meine große Leidenschaft.“ Jago kann auf ein abenteuerliches Leben zurückblicken – als KFZ-Mechaniker, als Biotechniker im Umweltschutz und schließlich als ewig tüftelnder Aquarium-Experte, dessen kundiger Rat Fischfreunde aus ganz Berlin nach Falkensee lockte.
Aber: „Als ich etwa zehn Jahre alt war, ratterte in der Schulaula der Ernst-Ludwig-Heim-Schule in Spandau ein Schwarzweiß-Film über einen norwegischen Jungen, etwa in meinem Alter, vom Projektor. Der dort beschriebene Tagesablauf des Jungen in dieser faszinierenden Fjordlandschaft ließ mich mein Leben lang nicht mehr los.“ Nun, damit wäre die Katze aus dem Sack: Jago ist nach Norwegen ausgewandert. Deutsche Arbeitstage mit 17 Stunden Ackerei und viel zu wenig Freizeit führten dazu, dass Jago sein Aquariumgeschäft in neue Hände gab. Jago: „Nach zehnjähriger selbstständiger Tätigkeit und nun mittlerweile 52 Jahren auf dem Buckel erwies es sich zu meinem höchsten Erstaunen als schier aussichtslos, einen normal entlohnten Job zu finden. Ich nahm an Ernährungs-, Gesundheits-, Einkaufs- und anderen Kursen über das 50+ Programm des Arbeitsamtes (Jobcenters) teil und lernte dort – nichts. Bewerbungen meinerseits blieben ohne Resonanz. Ich musste völlig umdenken.“
Nun lebt Jago im „echten“ Norwegen – hoch oben im Westen, auf Lovund, einer Insel in der Nähe von Mo i Rana, der Polarzirkelhauptstadt. Hier arbeitet er als Haustechniker in einem Hotel – als „Allmuligmann“, also als „Allesmöglichmann“.
Nebenbei bleibt Jago genug Zeit für seine liebste Beschäftigung – das Fischen: „Ich bin Fischer – oder besser Sportfischer, mit allem dazugehörigen Knowhow, um garantiert erfolgreich zu sein. Das funzt seit Jahren und ich habe etliche Leute als Guide in und nach Norwegen ver- und geführt. Hier hole ich viele nordatlantische Meeresfische wie Dorsch, Pollack, Seelachs, Schellfisch, Makrelen, Heringe, Lumb, Leng oder Heilbutt aus dem Wasser.“ Was tut er mit dem vielen Fisch? – „Ich esse leidenschaftlich gern frischen Fisch in allen möglichen Variationen, produziere massenweise meine „Superluxus-Fischbouletten“ (norw. „fiskekaker“); die Abnehmer spenden immer was für das Benzingeld. Und das Räuchern ist bei mir seit kurzem voll angesagt.“ Bei der superklaren Atlantik-Luft, echten Wintern, der Mitternachtssonne, den grünen Nordlichtern, den netten Norwegern und seiner Freundin Evi vermisst Jago nur eine Sache aus Deutschland – seine (bereits erwachsenen) Kinder, die er viel zu selten sieht.