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Channel: Seite 125 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
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Scheibes Glosse: Verbale Gewalt in Falkensee – Auf die Fresse

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0911 scheibeWenn die Arbeit endlich getan ist, die Augen nicht mehr offen bleiben wollen und der überlastete Computer langsam Rauchwölkchen ausstößt und um Gnade winselt, dann ist es meist schon weit nach Mitternacht. Dann schnappe ich mir ganz gern den Hund und laufe noch eine Runde um den Block.
Unterwegs haben wir beide etwas zu tun.

Der Hund schnüffelt sich durch die Duftmarken der Straße, jagt Füchse und versucht, die Laufrichtung vorzugeben. Ich hänge meinen Gedanken nach, suche am Himmel nach bekannten Sternbildern und freue mich, mein Viertel ganz allein für mich zu haben: Sonst ist ja niemand unterwegs.

An einer bestimmten Straßenecke ist immer Party. Selbst morgens um halb zwei wummern da oft noch die Bässe. Als Nachbar würde ich irre werden. Letztens torkelten mir vor diesem Haus zwei sichtbar angetrunkene Mittzwanziger entgegen, Prolls der Nacht.

Da sie sich, nicht mehr ganz dazu in der Lage, normal geradeaus zu gehen, am Zaun entlangzogen, verlangsamte ich meine Schritte, um zu schauen, ob alles in Ordnung war. Es hätte ja auch ein Verletzter sein können, der von seinem Kumpel gestützt wird.

Die Reaktion kam sofort: „Wat glotzte, Arschloch?“

Das fand ich reaktionär, gemein, provozierend, brutal, demütigend, frech, peinlich, prollig und – unnötig. Ich hatte nichts gesagt, war eher noch bereit, zu helfen – und dann so ein Spruch. Ich bin schon lange nicht mehr von einem Fremden so rüde angegangen worden. Oder als Arschloch bezeichnet worden.

Ich spürte umgehend, wie in mir die Wut hochkochte. Na wartet, ihr Suffkoffskies, ihr drogenvernebelten Schwachmaten, ihr geistig retardierten Volltrottel. Meinen Hund konnte ich leider nicht auf sie hetzen, der würde sie nur zu-Tode-liebhaben. Also musste ich selbst ran.

„Wer nennt hier wen Arschloch, Arschloch!“ schmetterte ich zurück und wechselte meine Gangrichtung. Der erste kam mir bereits entgegen. Dem trat ich seitlich so sehr ins Knie, dass die Bänder mit dem saftigen Knall einer reißenden Wäscheleine zerplatzten und der Knorpel atomisiert wurde. Der Betrunkene sackte zusammen und geriet auf diese Weise mit seinem Kiefer in direkten Kontakt mit meinem hochschnellenden Knie. Zähne splitterten, Knochen brachen. Eine lange Gerade in den sich wieder aufbäumenden Körper vollendete das Werk.

Der zweite Suffkopf hatte sich die Auseinandersetzung nur passiv angesehen. Ein harter Tritt in den Bauch warf ihn zurück und trieb ihn direkt auf die Spitzen des Jägerzauns hinter ihm. „Nein, tu mir nichts, Fremder“, winselte er und hob die Hände schützend vor das Gesicht. Aber es war zu spät, ich wollte Blut sehen. Ein Uppercut zerfetzte seine Leber, ein weiterer Schlag drückte ihm den Kehlkopf um zehn Zentimeter nach hinten. Röchelnd sank er zusammen und fiel über seinen Kumpel, während mir das Adrenalin metallisch auf der Zunge kribbelte.

So war das. Zumindest in meinem Kopf.

Tatsächlich war es so, dass ich im Haus der Partyfreunde noch jede Menge weiterer Teenager und Twens vermutete – alle mit einem undefinierbaren Hang zur Gewalt und definitiv mit einem sehr schlechten Musikgeschmack. Es erschien mir mehr als unklug, nachts auf menschenleerer Straße einen Disput darüber anzufangen, ob es nun richtig sei, Fremde als Arschloch zu bezeichnen oder nicht.

Ich bin dann mit dem Hund weitergegangen, ohne etwas zu sagen. Was schlau war, und was auch funktioniert hat, denn es gab keine weiteren Aktionen. Trotzdem hat es mich sehr geärgert, dass diese beiden Idioten mit ihrer sinnlosen Beleidigung einfach so durchgekommen sind. Mir wäre es lieber gewesen, ich hätte sie wie Jacky Chan oder besser wie Arnold Schwarzenegger ordentlich fertigmachen können. Vielleicht sollte ich vor dem nächsten Spaziergang das Pfefferspray wieder einstecken? Oder einen Hund mitnehmen, der auch mal knurren kann? (Carsten Scheibe)


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