Wenn das eigene Fahrrad nicht mehr so richtig fahren, bremsen oder um die Kurve lenken möchte, dann ist guter Rat teuer. Die freiwilligen Helfer von der Fahrradwerkstatt in Dallgow-Döberitz unterstützen Fahrradbesitzer in Not mit Rat und Tat dabei, ihren defekten Drahtesel wieder auf den nächsten Radweg zu bekommen. In der aktuellen Zeit geht es aber auch darum, Fahrradspenden entgegenzunehmen, um die hergeschenkten Räder für Flüchtlinge aus der Ukraine aufzuarbeiten.
Am 12. März hat Andreas Fröhlich von der Fahrradwerkstatt zum ersten Mal im laufenden Jahr seinen Schuppen auf dem Pfarrhof Dallgow in der Johann-Sebastian Bach Straße 6 aufgeschlossen. Bei eisigen Temperaturen, dafür aber schönstem Sonnenschein ging es einmal mehr darum, eine kostenlose Anlaufstelle für Fahrradbesitzer aus der Region zu sein, die Hilfe bei der Reparatur ihrer Räder benötigen.
Andreas Fröhlich (51), der selbst auch in Dallgow-Döberitz wohnt: „Um die Fahrradwerkstatt kümmere ich mich bereits seit Ende 2015. Das begann damals bei der Willkommensinitiative. Inzwischen hat sich die Werkstatt dem Diakonieverein im Kirchenkreis Falkensee e.V. angeschlossen. Und auf dem Dallgower Pfarrhof gleich hinter der schönen Kirche in Dallgow-Dorf haben wir einen Platz gefunden, wo wir unsere gespendeten Räder unterstellen und unser Werkzeug verstauen können. Die Fahrradwerkstatt öffnet ihre Türen immer einmal im Monat. Über den Winter haben wir allerdings Pause gemacht. Jetzt geht es wieder los. Jeder, der ein Problem hat, kann mit seinem Rad zu uns kommen. Wir versuchen es zu lösen.“
Claes Meyer aus Berlin-Schöneberg ist mit seinem Fachwissen auch oft vor Ort mit dabei. Er erzählt: „Ich habe damals zusammen mit Andreas für die Heilsarmee in Berlin damit begonnen, Fahrräder zu reparieren. In Berlin gab es zuletzt eine lange Corona-Pause, da müssen wir jetzt auch langsam wieder loslegen. Meistens haben wir es mit defekten Schaltungen und einer kaputten Beleuchtung zu tun. Im Grunde kann aber alles am Rad kaputt gehen. Das beginnt bei einem platten Reifen und hört bei einem verzogenen Rahmen noch lange nicht auf. Allerdings: Ist der Rahmen verzogen, können wir eigentlich nichts mehr tun.“
Für alle „Ra(d)tsuchenden“ gibt es in der Fahrradwerkstatt ein paar wichtige Regeln zu beachten. In den ausgewiesenen Zeiten darf gern jeder kommen, der ein Problem mit seinem Rad hat. Die Helfer vor Ort sind aber keine Profis, sondern engagierte Hobbyschrauber. In der Folge übernimmt niemand eine Haftung für Schäden, die vielleicht während der Reparatur anfallen. Auch die Verkehrssicherheit des Rades kann nicht offiziell garantiert werden, hier ist jeder Fahrradbesitzer selbst verantwortlich.
Andreas Fröhlich: „Wir wünschen uns ganz klar eine aktive Mitarbeit von den Fahrradbesitzern. Das Rad hier abgeben, um dann im nahen Havelpark einkaufen zu gehen, das geht nicht. Das ist nur in Ausnahmefällen möglich, wenn es sich bei den Radbesitzern etwa um Senioren handelt, die nicht mehr helfen können. Ich habe da so einige Stammkunden, um deren Räder kümmere ich mich auch zwischen unseren Werkstattsterminen. Konnten wir einem Radfahrer helfen, so freuen wir uns sehr über eine Spende, das ist aber kein Muss. Mit den Spenden können wir aber unsere Ersatzteile und Schrauben kaufen, die wir für eine Reparatur der Räder benötigen.“
Für Andreas Fröhlich ist es der Idealfall, wenn die Besucher selbst Ahnung von der Reparatur haben und bei der Eigenreparatur nur das Werkzeug, die Ersatzteile und ab und an das Knowhow der Experten benötigen: „Ich bin ein großer Freund der Nabenschaltung, die Kettenschaltung ist schwer zu reparieren. Am einfachsten kriegen wir die alten MIFA-Räder der DDR wieder in Schuss, da gab es keine Schaltung.“
Früher war die Fahrradwerkstatt einmal in der Kita St. Martin am Wasserturm zu finden. Andreas Fröhlich: „Sicherlich ist es nicht ganz so einfach, mit einem nicht mehr fahrtüchtigen Rad zu unserem neuen Standort im Pfarrhof Dallgow zu gelangen. Dafür haben wir hier aber sehr viel Platz und einen Schuppen, in dem wir unsere zurzeit 15 gespendeten Räder unterstellen können.“
Denn tatsächlich ist es auch eine Idee der Fahrradwerkstatt, Fahrradspenden entgegenzunehmen. Die Räder sollen dann vor Ort aufgearbeitet und an Bedürftige aus der Region verschenkt werden.
Andreas Fröhlich: „Fahrräder werden uns von den Bürgern gespendet. Wir bekommen sie aber auch von der Gemeinde Dallgow-Döberitz – etwa aus dem Fundbüro, wenn die hier untergestellten Räder nicht in einer gewissen Frist von ihren Besitzern abgeholt werden. Zurzeit rechnen wir mit vielen Flüchtlingen aus der Ukraine – und bitten in diesem Zusammenhang um weitere Fahrradspenden, um die Menschen in Mobilität zu bringen, die aus dem Kriegsgebiet geflüchtet sind und jetzt im Havelland einen vorerst sicheren Hafen gefunden haben. Die ersten Spendenräder sind tatächlich bereits eingetroffen.“
Eins der Räder stammt von Tilo (12) aus Dallgow-Döberitz, der sein eigenes Rad spendet: „Es ist mir zu klein geworden, ich brauchte ein neues. Ich wollte das alte Rad nicht verschrotten, also spende ich es lieber mit dem Gedanken im Hinterkopf, dass es einem Flüchtling aus der Ukraine noch einen guten Dienst erweisen kann.“
Auch der Dallgower Hausarzt Dr. Knut Horst nutzte die Gelegenheit am 12. März, um etwas Gutes zu tun. Er kam mit zwei ukrainischen Jugendlichen zur Werkstatt, um eins der Spendenräder wieder fahrtüchtig zu machen: „Die beiden Flüchtlinge wohnen bereits bei uns Zuhause. Mit der Sprache ist es schwierig, aber mobile Geräte helfen uns bei der Übersetzung.“
Die Fahrradwerkstatt sucht weiterhin Herren-, Damen- und Kinderräder, freut sich aber auch über weitere Helfer. (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 193 (4/2022).
Der Beitrag Fahrradwerkstatt in Dallgow-Döberitz arbeitet gespendete Fahrräder auf – für ukrainische Flüchtlinge! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).