Falkensee ist eine schnell wachsende Stadt, inzwischen rollen die Autos von knapp 45.000 Einwohnern über Straßen, die zum Teil fast einhundert Jahre alt sind. Viele der Hauptstraßen befinden sich in einem äußerst desolaten Zustand. Sie müssen dringend saniert werden. Die Stadtverwaltung arbeitet deswegen an einem neuen „Masterplan Hauptstraßenbau“ – und möchte bis zum Jahr 2036 insgesamt 18 Kilometer Straßen wieder auf Vordermann bringen.
In den letzten zwölf Jahren hat sich die Stadt Falkensee vor allem um die kleinen Anliegerstraßen gebaut. Viele Kilometer Sandstraßen wurden asphaltiert, damit die Bürger zu ihren Häusern gelangen können, ohne sich das Auto in den Schlaglöchern kaputtzufahren.
Der Ausbau ist in großen Teilen abgeschlossen. Nun rücken die darüber vernachlässigten Hauptstraßen in den Mittelpunkt des Interesses. Sie befinden sich in keinem sehr guten Zustand und müssen grundhaft erneuert werden.
Bereits vor geraumer Zeit ist deswegen ein „Masterplan Hauptstraßenbau“ erstellt worden. Dieser wurde nun um einige weitere Straßen ergänzt und am 14. März im Bauausschuss vorgestellt. Denn um die Ausbaupläne im gesetzten Zeitrahmen umsetzen zu können, müssen die Stadtverordneten noch der Sache zustimmen.
Um die Stadtverordneten auf ihre Seite zu bekommen, präsentierten der Bauamtsleiter Jens Grothe und Udo Knopke als Geschäftsführer vom beauftragten Falkenseer Ingenieurbüro für Wasserwirtschaft & Straßenbau (IWA) die aktuellen Pläne in aller Ausführlichkeit.
Jens Grothe erklärte, dass aus den Hauptstraßen, die für eine Sanierung in Frage kommen, die mit dem größten Handlungsbedarf in drei „Körbe“ einsortiert wurden. Korb 1 soll dabei von 2022 bis 2026 abgearbeitet werden. Korb 2 ist von 2027 bis 2031 an der Reihe. Korb 3 würden sich die Planer dann von 2032 bis 2036 vornehmen.
Die Umsetzung der einzelnen Straßenbaumaßnahmen sei im Vorfeld zeitlich schwer einschätzbar, weil diese von vielen schwammigen Faktoren abhängen. Da geht es bei jeder einzelnen Straße aufs Neue um die verfügbaren Planungs- und Baukapazitäten am Markt, um die Verfügbarkeit von Haushalts- und Fördermitteln, um die rechtzeitige Variantenfestlegung und Beschlussfassung durch die SVV und ggf. um die Notwendigkeit, zusätzlichen Grunderwerb durchzuführen, um so z.B. den Ausbau einer Straße in der erforderlichen Breite durchführen zu können.
Der aktuelle „Masterplan Hauptstraßenbau“, wie er nun im Bauausschuss vorgestellt wurde, sieht bis zum Jahr 2036 den Ausbau von 17,83 Kilometern Straße vor. Dabei handelt es sich um die folgenden Straßenabschnitte:
3,17 km Havelländer Weg
0,27 km Karl-Marx-Straße
1,91 km Rudolf-Breitscheid-Straße
1,00 km Elsterstraße
1,45 km Hansastraße
1,77 km Friedrich-Engels-Allee
0,91 km Sonnenstraße
1,83 km Karl-Liebknecht-Straße
0,31 km Bredower Straße
1,21 km Beethovenallee
1,40 km Haydnallee
0,83 km Humboldtallee
0,75 km Fröbelstraße
1,03 km Pestalozzistraße
Udo Knopke: „Wir sind die Straßen, um die es bei einem Ausbau der Hauptstraßen gehen könnte, mit dem Auto abgefahren und haben die Strecken dabei gefilmt. Anschließend konnten wir die Situation vor Ort auswerten und Schulnoten von 1 bis 5 vergeben. Um es klar zu sagen: Alle Straßen sind in einem sehr desolaten Zustand. Zum Teil befinden sich unter einer dünnen Asphaltdecke noch altes Kopfsteinpflaster oder Betonplatten. Die Straßen, die bei unserer Bewertung am schlimmsten abgeschnitten haben, sollen nun in den Körben 1 bis 3 als erstes berücksichtigt werden. Beim Ausbau geht es übrigens auch immer um die Einbeziehung vom Falkenseer Fahrradkonzept, es werden also Geh- und Fahrradwege mit eingeplant.“
Bei der Begutachtung der Straßen fragten sich die Planer: Sind Gehwege vorhanden? Gibt es Fahradwege? Wie sieht es mit der Beleuchtung aus? Fahren Busse über die Straße? Wie sieht es mit dem Baumbestand aus? Liegen Schulen am Weg? Ist eine Entwässerung vorhanden? Und natürlich: Wie ist es um den Zustand der Straßendecke selbst bestellt? Liegt Kopfsteinpflaster, Beton oder Asphalt vor?
Udo Knopke: „Außerdem haben wir mehrere Verkehrszählungen ausgewertet und eine Prognose erstellt, wie der Straßenverkehr in den kommenden Jahren zunehmen wird. Wir haben uns auch schon überlegt, welche Umleitungen während der Bauphase in Kraft treten müssten.“
Für den Ausbau der Straßen wurden die Kosten bereits erhoben – allerdings auf dem Stand von 2020/21. Inzwischen müsse man wohl noch einmal zehn bis zwanzig Prozent hinzuzählen. Bei knapp 18 Kilometern Straße würden sich die Kosten auf etwa 80 Millionen Euro addieren. Das wären 4.444 Euro pro Straßenmeter.
Die Stadt Falkensee könnte die allerersten Baumaßnahmen aus dem Korb 1 noch in diesem Jahr starten. Das würde die Sonnenstraße betreffen. Im kommenden Jahr könnte die Pestalozzistraße hinzukommen, dann wieder ein Jahr später die Bredower Straße und der Havelländer Weg. Zum ersten Korb würden in den ersten fünf Jahren auch noch die Elsterstraße und Teile der Rudolf-Breitscheidstraße zählen.
Schon jetzt zeigt sich, dass es alles andere als einfach sein wird, die Straßenbaumaßnahmen durchzuwinken. In der Bredower Straße hat sich bereits im letzten Jahr eine Bürgerinitiative gegründet. Sie ist gegen eine Begradigung der Straße und eine neue Straßenführung mitten über den kleinen Bolzplatz. Sie wünscht sich statt mehr Verkehr lieber weniger – und drängt auf Tempo 30. Auch im Havelländer Weg könnte es Ärger geben. Die Straße soll durch den Wald bis zur L20 nach Schönwalde-Glien ausgebaut werden – und könnte so eine Menge Verkehr anlocken.
Bürgermeister Heiko Müller gab auch noch eine Einschätzung zur finanziellen Beteiligung der Bürger: „Es gibt zwei Abschnitte, die nach Erschließungsrecht zu bauen sind, beim Rest geht es um das Ausbaurecht.“
Gerd-Henning Gunkel (Die Grünen) war von den Straßenbauplänen nicht überzeugt: „Ich vermisse in allen Folien, die uns präsentiert wurden, ein Gesamtverkehrskonzept. So ein Gesamtverkehrskonzept sollte die Grundlage für alle zukünftigen Entscheidungen sein.“
Marc-Oliver Wille, der als sachkundiger Einwohner im Bauausschuss mitwirkt: „Wir brauchen 15 Jahre, um 18 Kilometer Straße auszubauen? 50 Jahre nach der Wende wäre das doch ein Armutszeugnis, wie lange es gedauert hat, unsere Hauptstraßen zu erschließen. Gerade in Hinsicht auf das Klima sollen wir schneller etwas für die Radfahrer und Fußgänger tun. Zwei Kilometer im Jahr sollten möglich sein. Dann könnten wir die drei Körbe nicht in jeweils fünf, sondern in drei Jahren fertigstellen.“
Peter Kisssing (SPD) würde auch gern aufs Tempo drücken: „Ich hoffe doch sehr, dass ich eine Fertigstellung noch in meinem Leben erleben werde. Die Notwendigkeit besteht sichtbar, dass wir mehr tun müssen. Wichtig ist, dass wir das nicht zerreden, sondern sofort loslegen.“
Udo Knopke bremste: „Das Tempo hängt maßgeblich vom Haushalt ab. Die Ausgaben muss man verkraften können.“
Auch der Bürgermeister gab zu bedenken: „Auch ich würde mir wünschen, dass die Sanierung der Hauptstraßen schneller geht. Aber es wird ja seitens der SVV immer gefordert, dass wir realistischer rechnen sollen. Ich gehe davon aus, dass die Spielräume in unserem Haushalt in den nächsten Jahren geringer werden. Und wir wollen in den nächsten Jahren neben den Hauptstraßen auch andere Projekte bauen und finanzieren. Neben dem Hallenbad, dem Ausbau der Schulen und der Sanierung etwa von den Gehwegen wird es dabei auch um Projekte wie unsere Bibliothek, Begegnungsstätten und das Museum gehen.“
Der Bürgermeister gab auch zu bedenken, dass die SVV jeder einzelnen Straße erst noch zustimmen müsse. Außerdem rechne er mit weiteren Diskussionen: „Es handelt sich bei allen Straßen um sehr komplizierte Bauvorhaben. Dabei geht es auch um zwingend anstehende Baumfällungen.“ (Text/Foto: CS, Grafik: IWA)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 193 (4/2022).
Der Beitrag Falkensee arbeitet an einem neuen Masterplan Hauptstraßenbau! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).