Zurzeit kehren die Störche aus dem Süden zurück. Mit etwas Glück besetzen sie im Havelland einen der vorbereiteten Horste, um hier den Nachwuchs aufzuziehen. In Berge wurde nun ein neuer Storchenhorst errichtet – mitten in der Natur in der Berger Rinne. Ob der Horst tatsächlich angenommen wird, wird die Zukunft zeigen. Störche sind mitunter wunderliche Wesen, weiß die Storchenbeauftragte des NABU Claudia Jörg.
Störche sind sehr beeindruckende Großvögel, die bei einer Sichtung immer wieder für viel Freude bei allen Kindern, aber auch bei den Erwachsenen sorgen: Solche Tiere sieht man ja in einer Stadt wie Berlin so gut wie gar nicht mehr. Die weiß-schwarz gefiederten Tiere mit dem leuchtend roten Schnabel und den langen Beinen sind oft am Wasser oder auf feuchten Wiesen dabei zu beobachten, wie sie staksend nach Futter suchen.
Jetzt im Frühjahr steht den Vögeln, die aus ihrem Winterquartier im Süden nach Deutschland zurückkehren, aber vor allem der Sinn nach Fortpflanzung. Die Storche nisten bevorzugt in luftiger Höhe und besetzen sehr gern die künstlichen Storchenhorste, die ihnen von den Menschen zur Verfügung gestellt werden.
Claudia Jörg aus Falkensee ist die Storchenbeauftragte des NABU-Regionalverbandes Osthavelland: „Wir haben relativ konstant etwa 23 erfolgreich brütende Paare im Osthavelland. Die Störche, die einmal erfolgreich auf einem Horst genistet haben, kommen immer wieder zu diesem Horst zurück. Störche, die noch nicht geschlechtsreif sind oder keinen Partner gefunden haben, streunen herum, greifen auch gern mal Brutstörche auf ihrem Horst an oder probieren die unbesetzten Horste als Ruheplatz aus. Nur weil ein neuer Horst vorhanden ist, muss es also nicht bedeuten, dass er auch gleich benutzt wird. Da muss man viel Glück haben. Der Horst im Erlebnispark Paaren wurde etwa sofort mit Beschlag benommen. Und beim Horst auf dem Golfplatz in Tremmen hat es zehn Jahre gedauert, bis er angenommen wurde. Dafür sehen wir hier nun jedes Jahr Nachwuchs.“
Am 15. März wurde in Berge ein neuer Storchenhorst errichtet. Der vor Ort ansässige Jugendhof Brandenburg hatte die Errichtung angeregt. Nach einer Begehung vor Ort kam ein Horst direkt neben dem Jugendhof-Gebäude nicht in Betracht: Dort verlaufen Elektrozäune um die Tierweiden herum, an denen sich die Vögel verletzen könnten.
Regenwürmer für den Nachwuchs: Ausreichend Nahrung in der Berger Rinne!
Die Expertin machte sich für einen Standort ein wenig „ab vom Schuss“ mitten in der Berger Rinne stark, der aber immer noch auf dem Grund vom Jugendhof liegt. Hier gibt es eine extensiv betriebene Landwirtschaft, saftige Wiesen, einen breiten Schilfgürtel, Wasser und Gräben. Ein Stochenpaar sollte hier ausreichend Nahrung für den eigenen Nachwuchs finden.
Claudia Jörg: „Störche ernähren sich von Fröschen, Schlangen, Mäusen, Maulwurfen, Ratten, Fischen und sogar von Aas. Ist der Nachwuchs geschlüpft, suchen die Storcheneltern aber vor allem nach Regenwürmern. Die Altstörche würgen erbeutete Tiere auf dem Nestboden aus und die Jungvögel nehmen das Futter von dort auf. Da das Futter nicht zerkleinert wird, tragen die Altstörche zunehmend größere Beute ein, die die größer werdenden Jungvögel selbstständig aufnehmen können.“
Peter Kaim, Ortsvorsteher in Berge: „Das Storchennest, das neu in der Berger Rinne entstanden ist, ist bereits das zweite in Berge. Eins steht schon seit 22 Jahren auf dem Hof der Schäferei Biermann.“
Die e.dis hat seit 2014 über 200 Storchenmaste geliefert und auf eigene Koste aufgestellt, die Hälfte davon in Brandenburg. Im Frühling soll noch ein Horst in Wansdorf entstehen – und einer in Markee, wenn alles klappt. Dem NABU fehlen vor allem alte Betonmasten, die sich wunderbar als Pfahl für einen Storchenhorst eignen. Es gibt zur Zeit 97 Storchenhorste im Osthavelland: Die meisten dieser Storchenhorste hat Dieter Stark mit anderen Helfern noch in der DDR Zeit errichtet.
Bei der Errichtung des neuen Storchenhorstes in der Berger Rinne haben viele Institutionen geholfen. Die e.dis hat den Betonmast gestellt, die Stadt Nauen hat die metallene Horstkrone aus dem Sozialraumbugdet des Ortsteils Berge finanziert und das aus Ästen zusammengesetzte Nest haben die Storchenbetreuer selbst gebaut. Die metallene Horstkrone wurde von der Groß-Benitzer Firma G&P Metallbau hergestellt.
Storchenhorst auf einem Betonmast: Bester Schutz vor dem Waschbären!
Claudia Jörg: „Der neu aufgestellte Storchenhorst ist 13 Meter hoch, wovon zwei Meter tief im Boden stecken. Der Horst ist auf seinem Betonpfahl sehr gut geschützt – Marder und Waschbären können hier nicht ins Nest gelangen, um den Nachwuchs zu fressen. Der Fall liegt bei einem Nest, das auf einem Hausdach aufliegt, ganz anders. Von Greifvögeln, die sich an einem Storchennest vergreifen, haben wir noch nie gehört. Eigentlich ist es so, dass in den ersten vier Wochen nach dem Schlüpfen immer ein Elternteil bei den Jungen bleibt, um aufzupassen. Anschließend ist der Nachwuchs mit den langen, spitzen Schnäbeln schon aus eigener Kraft wehrhaft genug. Ein Problem können lange Starkregenphasen in der Phase sein, wenn die Storchenjungen noch kein selbstfettendes Federkleid ausgebildet haben. Dann werden die Jungen schnell nass, erkälten sich und sterben. Gerade im letzten Jahr mussten wir sehr viele Verluste hinnehmen.“
Der neue Horst wird in Kürze noch einmal erweitert werden. Konrad Bauer von der AG Turmvögel des NABU-Regionalverbandes Osthavelland wird unter dem Nest einen Turmfalkennistkasten anbringen. Konrad Bauer macht sich in der Region zusammen mit seiner Gruppe vor allem für die Dohlen, die Turmfalken und die Schleiereulen stark – und behält ihre Nistplätze im Auge.
Lars Klemmer, Kommunalmanager der e.dis, würde dem NABU gern noch mehr Masten zur Verfügung stellen: „Es gibt nicht mehr viele von diesen speziellen Betonmasten, es ist schwer, sie zu finden, da die Freileitungen zunehmend aus der Region verschwinden. Und wenn wir noch Masten finden, die in Frage kommen, müssen sie ja erst noch demontiert werden.“
Claudia Jörg: „Wir sind sehr froh, die e.dis zu haben. Ohne ihre Unterstützung bei den Betonmasten könnten wir unsere Storchenhorste nicht bauen. Wir möchten den Storch mit diesen vorbereiteten Nistplätzen auch davon abhalten, sich selbst ein Nest etwa auf dem Dach eines Hauses zu bauen. Viele Hausbesitzer sind von so einem gefiederten Untermieter nicht sehr begeistert und rufen die Feuerwehr, damit diese das Nest wieder entfernt.“
Johanna Dieckmann vom Jugendhof freute sich über das neue Storchennest auf dem eigenen Gelände: „Jetzt haben wir für die Kinder einen Naturbildungsort vor der eigenen Haustür, den wir besuchen können.“
Ortsvorsteher und Landwirt Peter Kaim gab sich am Ende optimistisch, dass der neue Storchenhorst in der Berger Rinne nicht lange leer bleibt: „Das macht die Natur schon, dass das Nest schnell besetzt wird.“ (Text/Fotos: CS)
Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 193 (4/2022).
Der Beitrag In der Berger Rinne: In Berge wurde ein zweiter Storchenhorst errichtet! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).