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Channel: Seite 125 – Unser Havelland (Falkensee aktuell)
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Elstal – Erste Mieter eingezogen: Das Speisehaus der Nationen im Olympischen Dorf von 1936 wurde eingeweiht!

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Wo noch vor einigen Monaten die Bauarbeiter das Kommando hatten, sind inzwischen die ersten Mieter eingezogen. Die terraplan Baudenkmalsanierungsgesellschaft hat große Teile vom ehemaligen Olympischen Dorf Elstal saniert, entwickelt und verkauft. Das Speisehaus der Nationen wurde nun komplett fertiggestellt – und am 5. Mai feierlich an die neuen Bewohner übergeben.

Lange Jahre über war das Olympische Dorf von 1936 in Elstal ein echter „Lost Place“. Die Gebäude, in denen damals die Sportler der Olympischen Spiele in Berlin gewohnt haben, drohten zu verkommen. Allenfalls wurde vor Ort für Hollywood gedreht. Oder es fanden historische Führungen statt.

Vor neun Jahren trat das Unternehmen terraplan aus Nürnberg an, um große Bereiche des Olympischen Dorfes unter Wahrung des Denkmalschutzes zu sanieren und wieder bewohnbar zu machen. Immer mit dem Ziel, das historische Gelände in die „Gartenstadt G.O.L.D. Olympisches Dorf“ zu verwandeln.

Im ersten Bauabschnitt sind 365 Wohnungen entstanden, in den neu gebauten Reihenhäusern sind bereits im September 2020 die ersten Mieter eingezogen. Bis zum Sommer 2022 soll der erste Bauabschnitt abgeschlossen sein. Dazu gehörte nun auch die Fertigstellung vom ehemaligen „Speisehaus der Nationen“. Am 5. Mai wurde dieser einzigartige Wohnkomplex feierlich eingeweiht und damit an die Bewohner übergeben: Über 300 Gäste wohnten der Zeremonie bei. Wer noch vor Corona durch den entkernten, nackten Rohbau des ehemaligen Speisehauses gelaufen ist, hätte sich kaum vorstellen können, wie modern und auch idyllisch sich der nun fertiggestellte Umbau präsentiert.

Das „Speisehaus der Nationen“ ist ein mehrstöckiger geschwungener Bau, der sich von zwei Seiten an einen grünen Innenhof anlehnt, der mit einer Boule-Bahn, einem Klettergerüst, einer Schaukel und verschiedenen Sitzmöbeln zum Verweilen einlädt.

Erik Roßnagel, Geschäftsführer von terraplan, freute sich sehr darüber, dass sämtliche Wohneinheiten aus dem Speisehaus inzwischen an Investoren verkauft worden sind. Ein Großteil der verkauften Wohnungen konnte von ihren neuen Besitzern auch schon wieder vermietet werden: „Hier wohnen nun Polizisten, Gabelstaplerfahrer, Krankenschwestern, Schönheitschirurgen und Investoren der New Economy Tür an Tür.“ Ein gesunder Mix aus Jung und Alt, aus Singles und Familien sowie aus Vertretern aller Bevölkerungsschichten war terraplan schon immer sehr wichtig gewesen.

Bei der Einweihung machte Erik Roßnagel noch einmal auf die historische Bedeutung des Geländes aufmerksam: „Wir stehen hier auf geschichtlich kontaminiertem Gelände. Das Olympische Dorf wurde von der Deutschen Wehrmacht gebaut, mit einer militärischen Nutzung im Anschluss an die Olympischen Spiele bereits im Kopf. Später hat das sowjetische Militär das Gelände für sich verwendet.“

Aus diesem Grund sei terraplan ein „museales Konzept“ ganz besonders wichtig gewesen, damit später einmal nicht der „Mantel des Vergessens“ über die neu entstandene Wohnsiedlung gezogen wird. Erik Roßnagel: „Wir haben Zeit, Schweiß und etwa 400.000 Euro von unserem Geld investiert, um die Geschichte vor Ort für zukünftige Generationen zu erhalten.“

Wer nun durch die Flure vom „Speisehaus der Nationen“ wandelt, findet zwischen den Eingangstüren zu den Wohnungen und in den Treppenhäusern etwa 51 aufwändig aufbereitete Stationen vor, die von der besonderen Historie des Ortes erzählen. Hier bekommt man einen Eindruck von der ursprünglichen Architektur, sieht Fotos von den Athleten, die 36 vor Ort gewohnt haben, und bekommt alle paar Schritte weitere Wissenseinheiten auf den Infotafeln vermittelt.

Holger Schreiber, Bürgermeister von Wustermark, würdigte die Bemühungen von terraplan: „Das Olympische Dorf ist ein Denkmal nationaler Bedeutung. Hätte terraplan das Areal nicht entwickelt, wäre es uns nicht möglich gewesen, dieses Denkmal dauerhaft vor dem Verfall zu bewahren. Zu DDR-Zeiten war das hier ein Sperrgebiet unter sowjetischer Kontrolle. Wir haben uns als Kinder trotzdem reingeschlichen. Es ist unvorstellbar, wie damals mit den Bauten umgegangen wurde: Im Schwimmbad haben die Sowjets sogar ihre Panzer gewaschen.“

Als das Projekt ganz am Anfang nach einer ersten Machbarkeitsstudie plötzlich unwirtschaftlich erschien, hat sich die Gemeinde Wustermark stark gemacht und eine bedeutsame Förderung durch den Bund mit auf den Weg gebracht. Holger Schreiber: „Ich bin ein Kämpfer. Nicht jedes Rathaus schafft so eine Leistung. Die Gemeinde hat auch selbst 1,3 Millionen Euro beigesteuert. Das tat uns sehr weh, das Geld fehlte an anderer Stelle. Aber der Gemeindevertretung war es sehr wichtig, dieses besondere Projekt auf den Weg zu bringen. Zum Glück hat auch der Landkreis mit seinen Behörden immer mitgezogen. Hier ziehen jetzt tolle neue Bürger ein, die unsere Gemeinde befruchten werden.“

Bereits 2017 kam terraplan auf die Idee, die Gemeinschaftswerke mit an Bord zu holen, um verschiedene Senioreneinrichtungen mit im Olympischen Dorf zu verankern. In das Speisehaus der Nationen wird eine Begegnungsstätte integriert. Auch eine Tagespflege, eine betreute Wohngemeinschaft für Senioren sowie ein Wohnen mit Service werden realisiert. Werner Futterlieb durchschnitt als Geschäftsführer der neu gegründeten Lioncare Wohnen und Pflege GmbH mit das Goldene Band und weihte so auch die Begegnungsstätte mit ein: „Hier sollen Begegnungen zwischen Jung und Alt stattfinden.“

In einem zweiten Bauabschnitt werden nun die Plattenbauten aus alten DDR-Zeiten saniert. Ihre Bausubstanz ist allerdings sehr marode: Vielleicht müssen sie doch noch abgerissen werden. (Text/Fotos: CS)

Dieser Artikel stammt aus „Unser Havelland“ Ausgabe 195 (6/2022).

Der Beitrag Elstal – Erste Mieter eingezogen: Das Speisehaus der Nationen im Olympischen Dorf von 1936 wurde eingeweiht! erschien zuerst auf Unser Havelland (Falkensee aktuell).


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