Was tut man nicht alles für den schnöden Mammon? Während ich an den Schreibtisch gekettet meine aktuelle Kolumne in die Tasten haue, erinnere ich mich daran, was für Frondienste ich schon früher absolviert habe und was ich so jobmäßig bereits alles erlebt habe. Meine Erinnerungen werden nur vom Knallen der Peitsche unterbrochen, mit der mich Carsten zur Arbeit antreibt.
Die ersten Mark-Stücke (West) habe ich mir auf zwei Ausflugsdampfern mit den Namen „Scharnhorst“ und „Baden Baden“ verdient. Ich fuhr im Sommer 1976 auf dem Tegeler See zwischen Saatwinkel und der Greenwichpromenade mit. Hier verkaufte ich Bockwürste und Bouletten an die Touristen. Die Bezahlung war nicht so üppig, aber dank meines grenzdebilen Dackelblicks bekam ich reichlich Trinkgeld. Einmal hat mir ein Ami sogar fast 50 DM geschenkt. Einen Vertrag und einen Gesundheitspass hatte ich natürlich nicht. Todesfälle aufgrund schwerer Lebensmittelvergiftungen hat es im Laufe meiner Karriere aber auch nicht gegeben. Jedenfalls hat sich bis heute niemand gemeldet.
Der nächste Akt meiner Berufskarriere folgte nach meinem Versuch, im Lette Verein den Beruf des Chemie- und Biologielaboranten zu ergreifen. Ich flog nach sechs Monaten von der Schule. Ein etwas aus dem Ruder gelaufenes und von mir erdachtes Experiment verwandelte das alte ehrwürdige Gebäude in eine Kulisse für den Film „The Fog“. Anschließend musste ich eine ABM Stelle in der Landesnervenklinik antreten. Bis heute frage ich mich, wer eigentlich die Kranken waren. Die auf der Geschlossenen oder meine Kollegen. Ich war jedes Mal froh, wenn ich da wieder raus war.
Danach versuchte ich eine Ausbildung zum Verkäufer für Nahrungs- und Genussmittel abzuschließen. Der erste Versuch scheiterte aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen. Die Kunden fanden mein Punk-Outfit eigentlich ganz lustig. Mein Filialleiter stand aber eher auf Volksmusik und hielt mich für kriminell, weil ich zeitweise in einem besetzten Haus in Kreuzberg lebte. Vielleicht hätte ich auch nicht sagen sollen, dass er sich seine Eintöpfe sonstwohin stecken könne. Also war nach drei Monaten wieder Schluss. Ich legte eine Ehrenrunde in der Nervenklinik ein – also zum Arbeiten – und jobbte noch als Gärtner. Dann schloss ich meine Ausbildung zum stellvertretenden Kartonzerreißer bei Kaisers ab und das, obwohl ich überhaupt nicht für die Prüfung geübt hatte. Ich glaube, die haben mich aus Mitleid bestehen lassen. Mitleid für meinen Arbeitgeber.
Meine zukünftige Ex-Ehefrau vermittelte mir dann einen Job bei Siemens – als Qualitätsprüfer für Halbleiter. Fortan prüfte ich Transistoren und Dioden – und programmierte E-Proms. Das war ziemlich langweilig. Lustig war das nur in der Spätschicht. Da konnten wir laute Musik hören, etwas rauchen und im Prüfofen Pizza backen.
Noch interessanter war der Nebenjob bei meinem Schwiegervater. Der hatte in der Perleberger Straße einen Laden mit „Fortbildungsliteratur zum Thema menschlicher Fortpflanzung“. Auch diverses Zubehör zum Thema Ehehygiene war dort erhältlich. Der Laden hat so manchen Höhepunkt erlebt. Außerdem belieferten wir gewisse Etablissements. Nur den Job als Synchronsprecher für Pornos habe ich nie bekommen.
Um finanziell während der Umschulung über die Runden zu kommen, nahm ich einen Job als Spezialreiniger an. Großer Fehler. Schon der erste Auftrag war das blanke Grauen. Schon mal versucht, ausgelaufenen Teer von einem Lagerhallenboden zu entfernen? Eigentlich ist das kein Problem. Dummerweise musste ich in diesem Zusammenhang feststellen, dass Ratten doch nicht so intelligent sind, wie man ihnen nachsagt. Die Viecher klebten zu Hunderten im Teer fest. Gestorben in der Position, in der sie der Teer festgehalten hatte. Echt gruselig. Die Lösung des Problems hieß – Flammenwerfer. Ich hoffe nur, dass keiner dort mal Ausgrabungen macht, er wäre sehr verwundert.
Tja, ich habe schon einige kuriose Jobs gemacht. Tja und seit der denkwürdigen Pokerniederlage muss ich nun meine Schulden bei Carsten abarbeiten – und schreibe Kolumnen. (Uwe „Hard Working Man“ Abel, Foto oben Maike Abel).